Während die Corona-Pandemie in den Sommermonaten glücklicherweise zumindest etwas an Fahrt verliert, sind die ersten Verfahren vor den Arbeitsgerichten mit Corona-Bezug in vollem Gange und befinden sich teilweise bereits in den höheren Instanzen.
Das Arbeitsgericht Köln hatte sich in einem Kündigungsschutzverfahren mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Vorlage eines unrichtigen Impfnachweises (“gefälschter Impfausweis”) die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann (ArbG Köln, Urteil vom 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21)
Im betreffenden Fall war die Klägerin bei der Beklagten als Kundenbetreuerin im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung beschäftigt. Hierzu suchte die Arbeitnehmerin regelmäßig Kunden auf, insbesondere auch in Pflegeeinrichtungen.
Am 04.10.2021 wurde das Personal von der Beklagten informiert, dass ab dem 01.11.2021 nur noch vollständig geimpfte Mitarbeitende Kundentermine vor Ort wahrnehmen dürften. Auf Nachfrage ihres Teamleiters erklärte die Klägerin, dass sie mittlerweile geimpft sei.
Nach der Änderung des Infektionsschutzgesetzes, welche einen gültigen 3-G-Nachweis zum Zutritt von Betrieben erforderlich machte, informierte die Beklagte ihr Personal sodann über die Möglichkeit den 3-G-Nachweis entweder durch einen Screenshot des digitalen Nachweises oder durch Vorlage des Impfausweises führen zu können.
Die Klägerin legte infolgedessen am 03.12.2021 ihren Impfausweis bei der Personalabteilung der Beklagten vor. Die zuständige Personalreferentin prüfte sodann die Impfausweise von acht Mitarbeitenden – darunter auch den der Klägerin – mittels einer Chargenabfrage.
Die Chargenabfrage verlief negativ, sodass die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos, hilfsweise fristgerecht, kündigte. Hiergegen setzte sich die Klägerin mit der Kündigungsschutzklage zur Wehr.
Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage in erster Instanz als unbegründet zurück.
Das Gericht ordnete die Vorlage des gefälschten Impfausweises als schwerwiegende vertragliche Nebenpflichtverletzung des Arbeitsverhältnisses ein.
Die Klägerin habe entgegen der legitimen Weisung der Beklagten in neun Fällen ohne 3-G-Schutz Außentermine bei Kunden in Präsenz wahrgenommen. Damit habe die Klägerin pflichtwidrig einerseits die dortigen Beschäftigten, mit denen sie in Kontakt getreten ist, wie auch sich selbst einem vermeidbaren Gesundheitsrisiko ausgesetzt und andererseits die Geschäftsinteressen der Beklagten dadurch verletzt, dass sie ihre Arbeitgeberin dem Risiko eines massiven Vertrauensverlusts bei den Kunden ausgesetzt habe. Im Übrigen habe die Klägerin das für eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen nachhaltig verwirkt.
Beim hier vorgestellten Urteil ist zu berücksichtigen, dass sich in Kündigungsschutzverfahren eine schematische Beurteilung von Kündigungsgründen verbietet und stets der jeweilige Einzelfall zu betrachten ist. Im Rahmen einer sogenannten Interessenabwägung prüft das Gericht bei der fristlosen Kündigung, ob es dem Arbeitgeber zumutbar wäre, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist ordnungsgemäß weiterzuführen oder nicht.
Da im vorliegenden Fall die Arbeitnehmerin im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung beschäftigt ist, regelmäßig Pflegeeinrichtungen mit sogenannten vulnerablen Personengruppen aufsucht und an diese Arbeitnehmerin somit wohl höhere Anforderungen an ihre Sorgfaltspflicht zu stellen sind als beim Durchschnitt, sollte aus der Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln nicht der Schluss gezogen werden, dass jede Vorlage eines gefälschten Impfausweises automatisch eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers zur Folge hat. Es muss stets der jeweilige Einzelfall untersucht werden.
Zum Kündigungsschutzverfahren wegen Vorlage einer falschen Impfunfähigkeitsbescheinigung siehe Arbeitsgericht Lübeck, Urteil vom 13.04.2022-5 Ca 189/22 (nicht rechtskräftig).
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