Neuere Entscheidung des BGH zur Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör

 

In seiner Entscheidung vom 19.11.2024 hat sich der BGH mit der Frage eines etwaig verspäteten Sachvortrags und in diesem Zusammenhang mit dem in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Recht auf rechtliches Gehör auseinandergesetzt.

 

In dem Leitsatz der Entscheidung stellte der BGH fest, dass Art. 103 Abs. 1 GG dann verletzt ist, wenn der Tatrichter Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift zu Unrecht für ausgeschlossen erachtet.

 

Dem lag ein Verfahren zugrunde, in dem die Klägerin Schadenersatz gegen einen Schönheitschirurgen aufgrund einer ihrer Ansicht nach missglückten Facelifting-Behandlung geltend machte.

 

Nachdem die Klage erstinstanzlich abgewiesen wurde, trug die Klägerin in der zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht zusätzlich vor, dass bereits deshalb ein Behandlungsfehler vorliege, weil es sich bei der angewandten Liftingmethode um eine Neulandmethode gehandelt habe, nach der eine Korrektur nur schwer bis gar nicht möglich sei, worüber sie nicht aufgeklärt worden sei und wovon sie erst Kenntnis erlangt habe, als das erstinstanzliche Urteil bereits ergangen sei.

 

Das Oberlandesgericht wies u.a. darauf hin, dass die Klägerin den Sachverständigen hierzu bereits in erster Instanz hätte befragen müssen und ihr nunmehriges Vorbringen in der zweiten Instanz verspätet sei.

 

Dieser Ansicht erteilte der BGH eine Absage. Nach Überzeugung des BGH habe die Klägerin hiervon erst nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils erfahren, so dass ihr nicht angelastet werden könne, den Sachverständigen seinerzeit nicht dazu befragt zu haben und erstmals erst in der Berufung dazu vorgetragen zu haben. Die von der Vorschrift des § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO vorausgesetzte Nachlässigkeit könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Ferner obliege es den Parteien auch nicht, sich um die Kenntnis solcher unbekannten Umstände früher zu bemühen.

 

Im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts bejahte der BGH somit eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör der Klägerin gem. Art. 103 Abs. 1 GG.