Kann ein Arbeitnehmer im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Frage nun klar beantwortet: Nein – ein solcher Verzicht ist unzulässig, solange das Arbeitsverhältnis besteht. Ein aktuelles Urteil (vom 3. Juni 2025, Az. 9 AZR 104/24) stärkt die Rechte von Beschäftigten und hat insbesondere für krankheitsbedingten Urlaubsverlust große Bedeutung.
Der Fall: Krankheit, Vergleich – und trotzdem Urlaubsanspruch
Ein langjähriger Arbeitnehmer war im Jahr 2023 durchgehend krank und konnte deshalb seinen Urlaub nicht nehmen. Im März 2023 schloss er mit seinem Arbeitgeber einen gerichtlichen Vergleich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindung. In einer Klausel hieß es, der Urlaub sei „in natura gewährt“ – also bereits genommen.
Trotzdem verlangte der Arbeitnehmer nach Ende des Arbeitsverhältnisses die finanzielle Abgeltung nicht genommener Urlaubstage – und bekam vor Gericht Recht. Das BAG bestätigte: Die Klausel ist unwirksam.
Warum ist das wichtig?
Das BAG stellte klar: Der gesetzliche Mindesturlaub ist unverzichtbar, solange das Arbeitsverhältnis besteht. Selbst in einem gerichtlichen Vergleich kann darauf nicht wirksam verzichtet werden. Das verbieten sowohl das Bundesurlaubsgesetz, als auch das EU-Recht.
Ein solcher Verzicht würde nämlich den Zweck des Erholungsurlaubs – den Schutz der Gesundheit – unterlaufen.
Vertragliche Gestaltung? Nicht zu Lasten der Beschäftigten
Auch der Versuch, sich auf einen sogenannten „Tatsachenvergleich“ zu berufen – also eine Einigung bei unklarer Sachlage – scheiterte. Denn es war unstrittig, dass der Arbeitnehmer krank war und den Urlaub nicht nehmen konnte. Es bestand also keine Unklarheit über die Anspruchsvoraussetzungen.
Der Einwand der Arbeitgeberin, der Arbeitnehmer habe sich treuwidrig verhalten, überzeugte das Gericht ebenfalls nicht. Sie hätte nicht auf die Wirksamkeit einer offensichtlich rechtswidrigen Klausel vertrauen dürfen.
Fazit: Arbeitnehmerrechte klar gestärkt
Mit diesem Urteil macht das BAG deutlich: Gesetzlicher Mindesturlaub ist nicht verhandelbar.
Auch ein gerichtlicher Vergleich kann daran nichts ändern, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht. Arbeitgeber sollten ihre arbeitsrechtlichen Vereinbarungen künftig sorgfältig prüfen – insbesondere dann, wenn es um Urlaubsansprüche geht.
Sehr gerne sind wir Ihnen in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten behilflich. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail über kanzlei@heinicke-eggebrecht.de oder rufen Sie uns an unter +49(0)89-552261-0.
Ihr Ansprechpartner:
Rechtsanwalt Alexander Paulus