Hintergrund der Entscheidung
Der Kläger war seit 2010 als selbstständiger Handelsvertreter tätig. 2017 wurde ergänzend eine Superprovisionsvereinbarung als Gebietsverkaufsleiter geschlossen. 2024 kündigte die Herstellerin das Vertragsverhältnis und stellte den Kläger von seinen Vertragspflichten frei. Der Kläger ging den Weg zum Arbeitsgericht. Dort war strittig, ob er als Arbeitnehmer oder als handelsvertreterähnliche Person zu qualifizieren sei und ob die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit gegeben ist.
Kernaussagen des LAG – Voraussetzungen für den arbeitsgerichtlichen Rechtsweg
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Einfirmenvertreter kraft Vertrags vs. kraft Weisung
- Ein „Einfirmenvertreter kraft Vertrags“ (§ 92a Abs. 1 Alt. 1 HGB) liegt nur vor, wenn der Handelsvertreter vertraglich grundsätzlich an einen Unternehmer gebunden ist (absolute Exklusivität). Ein bloß branchenbezogenes Konkurrenzverbot genügt nicht.
- Ein „Einfirmenvertreter kraft Weisung“ (§ 92a Abs. 1 Alt. 2 HGB) liegt vor, wenn die geschuldete Tätigkeit so umfangreich ist, dass objektiv keinerlei Raum mehr für andere Tätigkeiten bleibt.
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Erforderlicher Vortrag
- Pauschale Angaben zur Arbeitszeit (z.B. „70 Std./Woche“) und stichwortartige Tätigkeitslisten reichen nicht. Kläger müssen konkrete erteilte Weisungen und ihren Pflichtenkreis nach § 86 HGB detailliert darlegen.
Praxisrelevanz für Handelsvertreter und Unternehmer
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Vertragliche Gestaltung
- Definieren Sie Konkurrenzverbote klar als branchenintern (erlaubt) oder absolut (risikobehaftet).
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Dokumentation der Tätigkeit
- Halten Sie Termine, Kundenkontakte, Umsätze und Reiseaufwendungen schriftlich fest, um den Umfang der Tätigkeit zu belegen.
Nur dann ist eine strategische Entscheidung des Klagewegs möglich
Wichtig für einen Kläger als Handelsvertreter
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Konkreter Sachvortrag
- Benennen Sie einzelne Kundenkontakte, Besprechungstermine und deren Ergebnis.
- Legen Sie Kalendereinträge oder Zeiterfassungen vor.
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Wie präzise ist der Pflichtenumfang definiert
- Allgemein über die gesetzlichen Vorgaben in § 86 HGB und im Vertrag?
- Sammeln Sie alle schriftlichen Weisungen des Unternehmers.
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Konkurrenzklauseln prüfen
- Gibt es ein Wettbewerbsverbot im Vertrag?
- Bezieht sich das Wettbewerbsverbot auf ihre Branche oder geht es weiter?
- Sind Klauseln enthalten, die den Einsatz ihrer gesamten Arbeitszeit auf die Tätigkeit verlangen?
- Gibt es Weisungen mit Bezug zum Wettbewerb?
- Was davon können sie neben dem reinen Text im Vertrag nachweisen?
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Beweismittel sichern
- Sammeln Sie E-Mails, Protokolle und Bestätigungen von Zeugen.
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Strategische Verfahrenswahl
- Überlegen Sie vor Klageerhebung, ob Zivil- oder Arbeitsgericht erfolgversprechender ist.
- Ziehen Sie früh anwaltlichen Rat hinzu.
Mit diesen Hinweisen können Handelsvertreter künftige Streitigkeiten erfolgreicher gestalten und die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit gezielt anfechten, vermeiden oder provozieren.
Ihr Ansprechpartner:
Rechtsanwalt Kai-Uwe Recker
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht