Es war der Paukenschlag im September 2022 im Arbeitsrecht: Das Bundearbeitsgericht (BAG) stellte fest, dass den Arbeitgeber eine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung trifft. Der Aufschrei in den Medien war groß. Nur eigentlich ist dies nicht nachvollziehbar.
Der Europäische Gerichtshof hatte bereits in seiner Entscheidung vom 14.05.2019 festgestellt, dass den Arbeitgeber eine Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit trifft. Auch Minijobber mussten von jeher auf Stundenzettel ihre Arbeitszeiten festhalten.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wurde nur teilweise so interpretiert, dass die Vorgaben durch den EuGH vom deutschen Gesetzgeber umgesetzt werden müssen, also eine entsprechende Regelung mit der Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit für Arbeitgeber geschaffen werden müsse.
Dies ist nicht der Fall, wie das Bundesarbeitsgericht nunmehr festgestellt hat. Die Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit besteht schon für alle Arbeitgeber. Sie ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG.
Damit hat das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung geändert. In einem Beschluss vom 28.11.1989 hatte es eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur maschinellen Zeiterfassung abgelehnt. Dass eine Entscheidung aus dem Jahr 1989 auch in Verbindung mit der technischen und europarechtlichen Entwicklung nicht mehr interessengerecht ist, hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr klagestellt und hat sich damit auch der Meinung zahlreicher Landesarbeitsgerichte in der jüngeren Zeit angeschlossen, die sich gegen die vormalige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes gestellt hatten. Nunmehr gehört die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus 1989 endgültig der Vergangenheit an.
Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings Stimmen eine Absage erteilt, die verlangten, dass die Zeiterfassung elektronisch erfolgen müsse. Weder das Bundesarbeitsgericht, noch der Europäische Gerichtshof haben eine bestimmte Form und Ausgestaltung der Zeiterfassung vorgegeben. Damit besteht ein gewisses Wahlrecht des Arbeitgebers über das „Wie“ der Zeiterfassung. Dies öffnet jedoch für den Betriebsrat die Tür, bei der Form und Ausgestaltung der Zeiterfassung sein Mitbestimmungsrecht auszuüben.
Die Entscheidungsgründe der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 13.09.2022 sind noch nicht veröffentlicht, sodass über die Begründung nur spekuliert werden kann. Es bleibt abzuwarten, ob und welche Hinweise die Entscheidungsgründe zu dem Thema noch bereithalten. Wir werden wieder berichten.
Für Arbeitgeber, die eine Zeiterfassung bereits eingeführt haben, ist die Entscheidung von geringem Interesse. Für Arbeitgeber, die bislang eine Vertrauensarbeitszeit praktiziert haben, ist sie dagegen sehr unerfreulich.
Allen Arbeitgebern, die bislang auf die Arbeitszeiterfassung verzichten, wird dringend angeraten, die Mitarbeiter schnellstmöglich zur Erfassung der Arbeitszeit schriftlich anzuhalten. Dies ist durch einfache Vorlagen im Internet bereits ohne größeren Aufwand möglich. Um Überraschungen zu vermeiden, ist Arbeitgebers jedoch anzuraten, sich die Aufstellungen monatlich vorlegen zu lassen und mit den Arbeitnehmern schriftlich zu regeln, dass Überstunden ausdrücklich (am besten schriftlich) angeordnet werden müssen.
Sehr gerne sind wir Ihnen in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten behilflich. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail über kanzlei@heinicke-eggebrecht.de oder rufen Sie uns an unter +49(0)89-552261-0.
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Rechtsanwältin Sophie-Laura Wagner