Urlaub in Corona-Quarantäne

Den sauer verdienten Urlaub unfreiwillig in häuslicher Corona-Quarantäne verbracht? Der Arbeitgeber schreibt die entsprechenden Tage aber nachträglich nicht als Urlaub gut und bekommt vor dem Arbeitsgericht sogar noch Recht?

Was aus Sicht der geneigten Arbeitnehmerschaft zunächst unverfroren klingt, könnte nach Abschluss des nunmehr vor dem Bundesarbeitsgericht anhängigen Verfahrens unliebsame Realität werden.

Was war geschehen?

Der Kläger arbeitet bei der Beklagten als Schlosser. Auf seinen Antrag bewilligte ihm seine Arbeitgeberin acht Tage Erholungsurlaub. Drei Tage vor Urlaubsbeginn ordnete die Stadt Hagen die Absonderung des Klägers in häusliche Quarantäne an, weil er zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person Kontakt hatte.

Wichtig: Der Kläger selbst war nicht infiziert. In diesem Falle wären gemäß § 9 Bundesurlaubsgesetz die mittels Attests nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet worden. Kurz: Der Kläger hätte seinen Urlaub in diesem Fall nicht verloren.

Zurück zum Fall. Für die Zeit der Quarantäne war es dem Kläger nach der behördlichen Anordnung untersagt, seine Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamts zu verlassen und Besuch von haushaltsfremden Personen zu empfangen. Die Arbeitgeberin belastete das Urlaubskonto des Schlossers regulär mit acht Tagen.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage und verlangte, dass ihm die Urlaubstage wieder gutgeschrieben werden. Es sei ihm nicht möglich gewesen, seinen Urlaub selbstbestimmt zu gestalten, so der Kläger. Die Situation bei einer Quarantäneanordnung sei mit der infolge einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar. Der Arbeitgeber müsse ihm deshalb den Urlaub entsprechend § 9 Bundesurlaubsgesetz, dem zufolge ärztlich attestierte Krankheitszeiten während des Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden dürfen, nachgewähren.

Die Krux hieran: Das Bundesurlaubsgesetz sieht aber eben gerade vor, dass Urlaubstage nur bei einer ärztlichen Krankschreibung gutgeschrieben werden dürfen. Eine gesetzliche Regelung für die Corona-Quarantäne gibt es bislang nicht.

Erstinstanzlich wurde die Klage (daher) abgewiesen. Hiergegen legte der Kläger Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Hamm ein, welches der Klage nunmehr stattgab (Az. Urt. v. 27.01.2022, 5 Sa 1030/21).) Nunmehr legte die beklagte Arbeitgeberin Rechtsmittel gegen das sie beschwerende Urteil ein. Das Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, sodass im Hinblick auf den dargestellten Problemkreis noch keine höchstrichterliche rechtskräftige Entscheidung existiert.

Das Bundesarbeitsgericht hat im Rahmen des Revisionsverfahrens ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet, welcher die dargestellte Problematik im Lichte der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und der Charta der Grundrechte einer rechtlichen Prüfung unterzieht.

Über den rechtskräftigen Ausgang des Verfahrens werden wir selbstverständlich berichten, dürfte der Ausgang doch wohl zahlreiche Arbeitnehmer unmittelbar betreffen.

Sehr gerne sind wir Ihnen in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten behilflich. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail über kanzlei@heinicke-eggebrecht.de oder rufen Sie uns an unter +49 (0)89-552261-0.