Anspruch auf Prozesskostensicherheit bei Klagen aus Großbritannien oder Nordirland

Die bislang nicht jedem bekannte Regelung des § 110 ZPO wird bei Klagen mit Bezug in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland aufgrund des Brexit zukünftig eine nicht unbedeutende Rolle spielen und ggf. auch erfolgsversprechenden Klagen bei Zahlungsschwierigkeiten des Klägers den Erfolg versagen.

 

Denn seit dem Brexit zählen das Vereinigte Königreicht Großbritannien und Nordirland weder als Mitgliedstaat der Europäischen Union noch als Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Mithin kann der Beklagte von einem Kläger mit gewöhnlichem Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien oder Nordirland die Zahlung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 1 ZPO verlangen.

 

Die Prozesskostensicherheit kann dabei einen nicht unerheblichen Betrag einnehmen wie die Entscheidung des Kartellsenates am Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 09.09.2021 zeigt. Die Klägerin mit gewöhnlichem Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien wurde auf Antrag des in Deutschland ansässigen Beklagten zur Leistung einer Sicherheit wegen der Prozesskosten in Höhe von € 510.000,00 verurteilt.

 

Die Befreiungsvoraussetzungen von der Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 2 ZPO liegen für das Vereinigte Königreich nicht vor, darin sind sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main und der BGH einig. Ein entsprechender Antrag kann durch den Beklagten auch noch in der zweiten Instanz gestellt werden, wenn der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union bei Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht noch nicht vorlag.

 

Für die Höhe der Prozesskostensicherheit (§ 112 ZPO) hat das Oberlandesgericht die Kosten des Beklagten der ersten Instanz, der zweiten Instanz sowie eines möglichen Revisionsverfahrens sowie die Gerichtskosten für alle drei Instanzen zugrundgelegt. Aufgrund des Streitwertes von ca. € 7,7 Mio. ergeben sich die ausgeurteilten Prozesskostensicherheit von € 510.000,00 die innerhalb von 6 Wochen ab Zustellung des Zwischenurteils erbracht werden muss.

 

Wird die Sicherheit nicht innerhalb der durch das Gericht gesetzten Frist, hier von 6 Wochen bezahlt, kann der Beklagte beantragen die Klage für zurückgenommen zu erklären oder wenn über ein Rechtsmittel des Klägers verhandelt wird, dieses zu verwerfen (§ 113 ZPO), unabhängig von sonstigen Erfolgsaussichten der Klage.

 

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