Aktuell möchten wir auf folgende Entwicklung im Datenschutzrecht aufmerksam machen:
Momentan wird kontrovers diskutiert, welche Verantwortungen das Unternehmen und der Handelsvertreter gegenüber den Kunden bei der Erhebung von Kundendaten tragen. Es gibt hier mehrere rechtliche Möglichkeiten, wobei gerade in Europa bei den Handelsvertretern beinahe die ganze Bandbreite der datenschutzrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert und auch teils vertraglich umgesetzt wird.
Für die Versicherungsvertreter gibt es drei mögliche Gestaltungen:
- Der Vertreter erhebt ausschließlich Daten für das Unternehmen,
ist also dessen verlängerter Arm und erhebt keine eigenen Akquisedaten. Die Verantwortung liegt hier bei dem Unternehmen gegenüber dem Kunden, wobei dieses natürlich bei dem Vertreter Regress nehmen könnte, würde dieser z.B. gegen den Kundenwillen Daten erheben und der Kunde hieraus das Unternehmen in
Anspruch nehmen. Bei dieser Gestaltung kann eine Auftragsverarbeitung durch den Vertreter im Sinne von Art. 28 DSGVO vorliegen, insbesondere wenn nur in einem übertragenen Bestand gearbeitet wird. Diese Konstellation kann sich auch auf die Bewertung als Scheinselbstständiger auswirken, wenn der Vertreter selbst Vertragspartner des Unternehmens ist, also kein echtes
Untervertreterverhältnis vorliegt.
- Der Handelsvertreter ist unabhängiger Dritter und freier Unternehmer. Das bedeutet, er erhebt Daten für das Unternehmen, tut dies aber unabhängig. Daneben kann er auch persönliche Akquisedaten für sich erheben. Beide, Unternehmen und Vertreter, wären in ihrem eigenen Bereich verantwortlich. Dies entspricht weitgehend der zum alten Datenschutzrecht wohl herrschenden Auffassung.
- Handelsvertreter und Unternehmen können aber auch gemeinsam verantwortlich sein. Dann sind die Verantwortungsbereiche zwischen den Vertragsparteien vertraglich niederzulegen, aufzuteilen und zu bestimmen.
Während der Vertreter bei der ersten und letzten Möglichkeit sehr stark weisungsabhängig ist, was das Unternehmen im Konfliktfall gut gegen ihn einsetzen kann (umfangreiche Kontroll- und Einsichtsrechte beim Vertreter), ist er bei der zweiten Variante am unabhängigsten und am wenigsten kontrollierbar. Deswegen kann er auch plausibel dem Kunden gegenüber darstellen, dass die Erhebung eigener Akquisedaten mit einer eigenen Einwilligungserklärung des Kunden sinnvoll und notwendig ist. Auch das Unternehmen dürfte dieses Verhältnis bevorzugen, da es dadurch vor einer möglichen Inanspruchnahme (mit hohen Summen) für Verfehlungen des Vertreters gefeit ist.
Es macht also absolut Sinn die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Vermittler und Versicherung datenschutzrechtlich zu beleuchten, damit Regelungen und Zuweisungen im Rahmen der Verantwortungsbereiche getroffen werden. Um Problemen bei der Einordnung und damit der Folgeproblematiken bei möglichen Verstößen vorzubeugen sollte daher zwischen Unternehmen und Vertretern vertraglich geregelt werden, wer welche Daten für wen erhebt und in wessen Verantwortung diese dann unter welchen Voraussetzungen gespeichert werden.
Da die Unternehmen dieses Thema nicht von sich aus angehen – möglicherweise aus Furcht, den Vertreter dadurch auf dessen Möglichkeit zur Erhebung eigener Akquisedaten aufmerksam zu machen – halten wir es für ratsam, dass die Vertretervereinigungen dies aktiv angehen und den Unternehmen eine entsprechende Regelung vorschlagen. Das dient der Absicherung der Vertreter, stärkt deren Position als selbständige Unternehmer und schafft für alle Beteiligten die erforderliche Klarheit. Gleich ob man von Auftragsverarbeitung, separater oder gemeinsamer Verantwortung ausgeht, müssen die Aufgabenverteilungen schriftlich und klar fixiert sein. Beide Seiten sitzen ansonsten bei Datenschutzverstößen ohne solche Regelung im selben Boot. Der Handlungsbedarf besteht also auf beiden Seiten, sodass die Vertreterschaft aktuell und proaktiv die Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen vorschlagen können und diese Möglichkeit auch nutzen sollten, nicht zuletzt um ihre Selbständigkeit zu stärken.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung einer solchen Vereinbarung und bei den Verhandlungen mit dem Unternehmen, sei es durch Beratung im Hintergrund oder direkt.
Ihr Ansprechpartner:
Rechtsanwalt Kai-Uwe Recker
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht