Gerichtsstandsvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Hintergrund

Werden keine Gerichtsstandsvereinbarungen getroffen gelten die allgemeinen Regeln der Zuständigkeitsbestimmung. Dies führt gerade bei im ganzen Bundesgebiet tätigen Unternehmen zu Verfahren eben auch im ganzen Bundesgebiet, nämlich meist am Wohnsitz oder Sitz des Beklagten an deren Allgemeinen Gerichtsstand (vgl. §§ 13, 17 ZPO).

Für Unternehmen besteht dagegen häufig ein Interesse Streitigkeiten mit eigenen Vertragspartnern am eigenen sitznahen Gericht zu führen. Das betrifft nicht nur größere und große Unternehmen, sondern auch kleinere mit wenigen Vertragspartnern, insbesondere wenn diese selbstständig als Makler oder Handelsvertreter und Kaufleute sind.

Möglichkeiten einer Gerichtsstandsvereinbarung

 

§ 38 Zugelassene Gerichtsstandsvereinbarung
(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.
(2) 1Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. 2Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. 3Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.
(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich
1. nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2. für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

Meist geht es um die Frage, ob es sich bei den Parteien um Kaufleute handelt.

Das Bayrische Oberste Landesgericht hatte im Oktober 2021 jedoch jüngst wieder zur Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen bei Maklergesellschaften entschieden, Entscheidung vom 26.10.2021, Az. 101 AR 148/21.

Gegenstand der Entscheidung

Inhaltlich ging es um eine Schlussbestimmung des Maklervertrags mit dem Wortlaut:

Erfüllungsort für alle Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag ist Köln. Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist ausschließlich Stuttgart, soweit gesetzlich zulässig.

Das Landgericht Kempten nahm an, selbst unzuständig zu sein und verwies daher an das Landgericht Stuttgart. Dieses wiederum verwies die Parteien auf die salvatorische Klausel “soweit gesetzlich zulässig” hin. Diese Formulierung sei zu unbestimmt und daher unwirksam, ferner habe das Ausgangsgericht nicht geprüft, ob die Beklagtenseite Kaufmann sei. Nachdem die Fristen zur Stellungnahme abgelaufen waren, verwies das Landgericht Stuttgart zurück an das Landgericht Kempten. Dieses legte die Frage dem Bayerischen Obersten Landesgericht vor.

Besonders ist hier die Entscheidung, da das BayObLG von einer nicht bindenden Entscheidung des Landgerichts Kempten ausging, das “jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (st. Rspr.; BGH NJW-RR 2017, 1213 Rn. 15; Beschluss vom 9. Juni 2015, X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 9; Beschluss vom 10. September 2002, X ARZ 217/02, NJW 2002, 3634 [juris Rn. 13 f.]; Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 16)”.

Es kam für die Entscheidung nicht (mehr) darauf an, ob der Beklagte auch Kaufmann ist, er verwies darauf, dass

der Geschäftsbetrieb von Versicherungsmaklern oder Versicherungsvermittlern eine Einrichtung in kaufmännischer Weise nicht [erfordere], denn es bedürfe keiner Bilanzierung, keiner kaufmännischen Bezeichnung unter einer Firma, keines gesonderten Geschäftslokals und keines Waren- oder Geldverkehrs.

Das Gericht hielt die Vereinbarung zur Zuständigkeit für intransparent und unverständlich und damit unwirksam.

Erwägungen des BayOblG:

  • Die Möglichkeiten einer Gerichtsstandsklausel sind klar geregelt
  • Daher muss der Gestalter einer Gerichtsstandsvereinbarung eine für den durchschnittlichen Vertragspartner ohne Weiteres nachvollziehbare Fassung wählen und ggf. gesetzliche Bestimmungen benennen.
  • Trennung der Kontrolle nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedigungen von der inhaltlichen Kontrolle nach Verboten in § 38 ZPO.
  • Verstoß gegen das Verständlichkeitsgebot führt beim kaufmännischen Verkehr zur Unwirksamkeit
  • Andere oberlandesgerichtliche Entscheidungen der letzten Jahre hätten sich nicht mit der Frage der Wirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beschäftigt