Bei Wohnungseigentum wird die Verpflichtung zur Jahresabrechnung grundsätzlich auf den Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen. Wechselt der Verwalter, kommt es häufig zu Streitigkeiten, wer nunmehr die Jahresabrechnung erstellen muss. Eine abschließende Klärung durch den Bundesgerichtshof gibt es noch nicht, jedoch hat die Reform des Wohnungseigentümergesetzes 2020 zur Klärung beigetragen, denn die Erstellung der Jahresabrechnung gilt seither als Organplicht des Verwalters.
Die Jahresabrechnung ist nach Ablauf des Wirtschaftsjahres zu erstellen. Es gibt nunmehr zwei unterschiedliche Konstellationen in denen sich der Frage stellt, ist der frühere Verwalter zur Jahresabrechnung verpflichtet oder der neue Verwalter die Jahresabrechnung zu erstellen: bei unterjährigem Ausscheiden des ehemaligen Verwalters (1.) und beim Zusammenfallen des Ausscheidens des Verwalters mit dem Ende des Wirtschaftsjahres (2.).
- Unterjähriges Ausscheiden des Verwalters
Scheidet der Verwalter während des Wirtschaftsjahres aus, trifft ihn für das laufende Wirtschaftsjahr seines Ausscheidens keine Abrechnungspflicht mehr. Für vergangene Jahre dagegen muss er die Abrechnung erstellen. Dies gilt unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Ausscheidens bereits alle Informationen aus dem vergangenen Jahr vorliegen oder nicht. So kann der (ehemalige) Verwalter auch nach Beendigung seiner Verwaltertätigkeit verpflichtet sein, nach Vervollständigung der Unterlagen die Abrechnung für das vergangene Jahr zu erstellen. Die Beendigung des Vertrages führt damit nicht auch zu einem Ende sämtlicher Verpflichtungen des Verwalters.
- Zusammenfallen von Ausscheiden des Verwalters mit dem Jahresende
Schwieriger gestaltet sich die Angelegenheit, wenn das Amt des Verwalters mit dem Ablauf eines Wirtschaftsjahres endet. Hier wird einerseits vertreten, dass die Aufgabe der Jahresabrechnung den neuen Verwalter trifft, weil die Abrechnung erst nach Ablauf des betreffenden Jahres zu erstellen ist und der alte Verwalter zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Amt ist. Anderseits wird angenommen, dass die Aufgabe der Jahresabrechnung den alten Verwalter trifft, weil dieser insoweit bereits die Vergütung erhalten hat und es sich zugleich um eine „Rechenschaftslegung“ bzw. Kontrolle seiner Tätigkeit handelt.
Die Gesetzesänderung hat dazu geführt, dass ein einzelner Wohnungseigentümer nur noch von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft die Erstellung der Jahresabrechnung verlangen kann. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann ihrerseits den Verwalter in Anspruch nehmen, wenn dieser seiner Verpflichtung zur Erstellung der Jahresabrechnung nicht nachkommt.
Mit dem Ausscheiden des Verwalters am Ende des Wirtschaftsjahres kann dieser frühere Verwalter nicht mehr für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handeln. Er verliert seine Organstellung. Die Erstellung der Jahresabrechnung gilt als Organpflicht, mithin kann die Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr nur noch das aktuelle Organ, mithin der „neue“ Verwalter erstellen. Von Gesetzes wegen ist also der neue Verwalter für die Erstellung der Jahresabrechnung zuständig.
Vertraglich vereinbaren kann man eine vertragliche Verpflichtung des früheren Verwalters zur Erstellung der Jahresabrechnung im Verwaltervertrag. Dies war jedoch bislang nicht üblich. Soweit dies nicht ausdrücklich vereinbart ist, müssten sich im Wege der Auslegung Anhaltspunkte für eine solche (stillschweigende) Pflicht des Verwalters ergeben Dies wird man in der Regel verneinen müssen, da der frühere Verwalter mit seinem Ausscheiden alle Verwaltungsunterlagen dem neuen Verwalter übergeben muss.
Das heißt der neue Verwalter muss die Abrechnung für das vorangegangene Wirtschaftsjahr erstellen. Allerdings ist der frühere Verwalter zur Herausgabe der Verwaltungsunterlagen verpflichtet. In Verbindung mit dem Anspruch aus §§ 675, 660, 666 BGB bedeutet dies in vielen Fällen, dass diese Pflicht einer faktischen Erstellung einer Gesamtabrechnung durch den ehemaligen Verwalter gleichkommt.
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