Kostenbeteiligung im POS rückforderbar

Viele Unternehmen machen in ihrer Vertriebsstruktur Vorgaben zur Ausgestaltung und Betrieb von Standorten der Handelsvertretungen. Das betrifft sowohl die Corporate Identity (CI), als auch die Ausstattung der Räumlichkeiten bis hin zur zu verwendenten Kasse und dem kleinsten Hilfsmittel der Vertreter.

Aufhänger § 86a HGB – kostenlose Bereitstellung von vertriebsnotwendigen ‘Unterlagen’ in Abrenzung zu allgemeinen Hilfsmitteln nach § 87d HGB

Einer der großen Streiterein bei Vorgaben der Unternehmen ist die Frage, wer das denn alles zahlen soll: der Unternehmer oder der Vertreter?

Erforderliche Unterlagen für die Handelsvertretung werden § 86a HGB und der Handelsvertreterrichtlinie in Art. 4 Abs. 2 lit. a entnnommen. Die Aufzählung in § 86a Abs. 1 HGB mit Mustern, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucken und Geschäftsbedigungen dient nach einhelliger Meinung lediglich als Orientierung und kann nicht als abschließend betrachtet werden. Solche weit zu verstehenden ‘Unterlagen’ muss das Unternehmen dem Vertreter kostenfrei zur Verfügung stellen. Dagegen muss sich der Vertreter um seine allgemeinen Hilfsmittel selbst kümmern, außer eine Kostentragung durch das Unternehmen wäre handelsüblich, so § 87d HGB. Letzteres ist kaum der Fall, sodass sich weitgehend um die Frage gestritten wird, was denn alles kostenfrei zur Verfügung zu stellende ‘Unterlagen’ sein sollen.

Neuere Rechtsprechung seit 2011

Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs versteht nach der Entscheidung solche Hilfsmittel darunter, die spezifisch aus der Sphäre des Unternehmens benötigt werden, um die Tätigkeit als Handelsvertreter ausüben zu können (vgl. BGH Urteil v. 04.05.2011, Az. VIII ZR 11/10). Auch bei einheitlichen Hilfsmitteln wie einem Kassensystem kann bei einer zulässigen ergänzenden Auslegung weiter differenziert werden. So teilte der BGH im Urteil vom 17.11.2016, Az. VIII ZR 6/16 bei einem Tankstellenpächter das mit einem konkreten Preis versehene Kassensystem anhand des Quellcodes für dessen Funktionen weiter auf. Die Übertragung der Kraftstoffpreise sollte erforderlich für den Vertreter sein. Die weiteren Funktionen dagegen hat jede Kasse und der Vertreter brauche doch auch eine Kasse, zumal er auch als Eigenhändler mit dem Ladengeschäft auftritt. Bei Tankstellenpächtern wurde anschließend vom OLG Hamm in neueren Entscheidungen ähnlich entschieden.

Entscheidung aus Bonn zum POS in der Telekommunikation

Das Landgericht Bonn entschied am 23.02.2022 (nicht rechtskräftig) in zwei Verfahren von den Tankstellenpächtern abweichende Konstellationen zu Gunsten der Handelsvertreter.

Konstruktion des Unternehmens:

Das Unternehmen sah in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Kostenbeteiligung des Vertreters für eine Vielzahl von einzelnen Leistungen des Unternehmens vor, u.a. für eine Mülltonne, Ausstattung der Räumlichkeiten, EDV-Systeme inklusive Kasse und Anschlüssen, Reinigung und Unternehmenskleidung.

Das Unternehmen stützte sich darauf, dass beinahe alles vom Vertreter selbst auch zu beschaffende Hilfsmittel beträfe und führte aus, dass die Preisübermittlung der Kasse nur sehr wenig ausmache. Daher hätte man auch bei vorheriger Kenntnis aller Aufschlüsselungsmöglichkeiten die gleiche Kostenbeteiligung des Vertreters vereinbart.

Entscheidungen des Landgerichts Bonn:

Das Landgericht Bonn sah das anders und sprach dem klagenden durch unsere Kanzlei vertretenen Handelsvertreter die vollständige bezahlte Kostenbeteiligung zu. Eine Aufteilung in vom Unternehmen und vom Vertreter zu tragende Kosten scheide in dem System und auf Basis des Vortrags des Unternehmens im Verfahren aus.