Schwierigkeiten bei der Nachbeurkundung oder Ergänzung des Geburtenregisters

Die Nachbeurkundung einer Geburt im Geburtenregister bzw. die Ergänzung des Geburtenregisters stellt Eltern und Kinder immer wieder vor Herausforderungen, da die Standesämter meinen, das Gesetz nach ihrem Gutdünken auslegen zu können und bereits ergangene Rechtsprechung ignorieren zu können. Aber auch die Rechtsprechung ist sich teilweise komplett uneins, wie die Voraussetzungen für eine Änderung des Geburtenregisters sind. Dies zeigen auch die zwei folgenden Fälle:

 

1. Eintragung der Wunscheltern anstelle der Leihmutter ins Geburtenregister

 

Ein gleichgeschlechtliches Ehepaar deutscher Staatsangehörigkeit nimmt in Kaliforniern die Dienste einer verheirateten Leihmutter in Anspruch. Es kommen nach der Samenspende eines Ehepartners Zwillinge zur Welt. Das amerikanische Gericht hat bereits vor der Geburt entschieden, dass das gleichgeschlechtliche deutsche Ehepaar (die Wunscheltern) die rechtlichen Eltern der Zwillinge sind und nicht die Leihmutter und ihr Ehemann. Das Standesamt in Deutschland lehnte die Nachbeurkundung der Geburt jedoch ab.

 

Das Amtsgericht sowie das Kammergericht Berlin weisen das Standesamt an, die beiden Väter im Haupteintrag des Geburtenregisters als Eltern zu beurkunden. Das Standesamt zieht es vor, den Bundesgerichtshof entscheiden zu lassen.

 

Der Bundesgerichtshof stellt daraufhin in seiner Entscheidung vom 12.01.2022 fest, dass eine Beurkundung der Leihmutter und ihres Ehemannes als Eltern rechtlich unzutreffend wäre und gegen die Registerwahrheit verstoße. Der Personenstandsfall eines im Ausland geborenen Deutschen muss auf Antrag im Geburtenregister beurkundet werden. Dabei sind Namen und Geschlecht der Eltern einzutragen. Die kalifornische Gerichtsentscheidung ist in Deutschland anzuerkennen, sodass sich die rechtliche Elternschaft der beiden deutschen Väter ergibt. Die Leihmutter und ihr Ehemann nehmen keine rechtliche Elternschaft in Anspruch.

 

Das Geburtenregister nimmt nur eine Dokumentation der rechtlichen, nicht aber (auch) eine davon abweichende biologische oder genetische Elternschaft vor, weshalb die bei der Beurkundung der Geburt bestehende rechtliche Elternschaft maßgebend ist. Mithin muss das Standesamt nunmehr die deutschen Väter/ Wunscheltern in das Geburtenregister eintragen.

 

 

2. Eintragung des Vaters ins Geburtenregister ohne Zustimmung der verstorbenen Mutter

 

Auch im nachfolgenden Fall stellte sich das Standesamt bei der Eintragung des Vaters in die Geburtsurkunde quer. Die Mutter war bei der Geburt des Kindes ledig. Der biologische Vater war verheiratet. Nach der Volljährigkeit des Kindes erkennt der Vater die Vaterschaft des Kindes an. Die Mutter des Kindes ist zwischenzeitlich verstorben. Das Standesamt verweigerte die Eintragung des Vaters in die Geburtsurkunde und verwies das Kind auf ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren mit dem Hinweis, dass ohne Zustimmung der Mutter das Geburtenregister nicht geändert werden könne.

 

Mit dem Tod der Mutter entfällt jedoch das Erfordernis der Zustimmung der Mutter zur Vaterschaftsanerkennung, dies hat das Kammergericht Berlin 2017 entschieden.

 

Eine andere Auffassung vertrat nun jüngst das Amtsgericht Ellwangen 2022, dass die Änderung des Geburtenregisters ablehnte. Überzeugend war die Begründung des Amtsgerichts Ellwangen zu dieser Entscheidung im Gegensatz zur Entscheidung des -höherrangigen – Kammergericht Berlin nicht.

 

Wie das Kammergericht Berlin zutreffend ausgeführt hat, setzt das höchst persönliche Beteiligungsrecht der Mutter voraus, dass der Erklärungsbefugte am Leben ist. Ist die Mutter dagegen verstorben, ist ihre Zustimmung entbehrlich. Das Schutzinteresse des Kindes an einer zeitnahen und effizienten Feststellung und Eintragung des Vaters in die Geburtsurkunde, zumal wenn die Mutter verstorben ist, übersteigt das postmortale Persönlichkeitsrecht der Mutter nach ihrem Tod. Im Übrigen würde der Verweis auf das Vaterschaftsfeststellungsverfahren dann dem Kind keinen Vater ermöglichen, wenn der anerkennungsbereite Mann tatsächlich nicht der biologische oder genetische Vater ist.

 

Aufgrund Einigkeit der beiden Parteien konnte im Rahmen der Vaterschaftsfeststellung das gewünschte Ergebnis erzielt werden. Allerdings bleibt es dabei, dass die Gerichte vorliegend mangels obergerichtlicher bzw. höchstrichterlicher Rechtsprechung keine klare Linie haben und daher eine Klage auf Änderung des Geburtenregisters bei Tod eines Elternteils eher ein Roulette ist.

 

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass sich das Amtsgericht München als zuständiges Gericht für die Vaterschaftsfeststellungklage sich dagegen dahingehend geäußert hat, dass es die Auffassung des Kammergericht Berlin für zutreffender hält. Die Entscheidungen zeigen, dass sich die Standesamte teilweise unberechtigt bei Eintragungen ins Geburtenregister querstellen und es sehr auf die Gerichte ankommt, ob man tatsächlich ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren benötigt. Es heißt dann, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, wir helfen und beraten Sie gerne.

 

UPDATE:

Bitte beachten Sie, dass die dargestellten Entscheidungen und Rechtsmeinungen durch eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes überholt sind. Wir dürfen insoweit auf die aktualisierte Rechtsprechung, besprochen in unserem Artikel “Vaterschaftsanerkennung auch nach Tod der Kindsmutter möglich” vom 18.12.2023, verweisen.

 

Schreiben Sie uns gerne eine Email über kanzlei@heinicke-eggebrecht.de oder rufen Sie uns an unter +49(0)89 552261-0.