Übertragung der Entscheidungsbefugnis für eine COVID-19-Impfung auf ein Elternteil

Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte erneut darüber zu entscheiden, welchem Elternteil bei Meinungsverschiedenheiten betreffend die COVID-19-Impfung für ein minderjähriges Kind die Entscheidungsbefugnis und damit ein Teil der elterlichen Sorge übertragen wird. Jetzt möge man meinen, zwischenzeitlich dürfte sich herumgesprochen haben, dass die Gerichte die Entscheidungsbefugnis betreffend eine Impfung grundsätzlich bei Uneinigkeit der Elternteile demjenigen Elternteil übertragen, der seine Entscheidung an den Empfehlungen der STIKO ausrichtet. Das gilt nicht nur in Bezug auf die COVID-19-Impfung, sondern auch in Bezug auf die Masern-Impfung und alle sonstigen Impfungen für Kinder. Trotzdem beschäftigen sich auch jetzt noch die Oberlandesgerichte immer wieder mit entsprechenden Verfahren. Zuletzt, wie gesagt, das Oberlandesgericht Brandenburg.

 

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat, wie zu erwarten war, auch in dem entschiedenen Fall, die Entscheidungsbefugnis betreffend die Zustimmung zu einer COVID-19-Impfung der Kindsmutter übertragen, die im gerichtlichen Verfahren sich für eine Impfung der Kinder ausgesprochen hatte. Dabei hat das Gericht auf die geltende STIKO-Impfempfehlung für Kinder ab einem Alter von 5 Jahren abgestellt und ausgeführt, dass die Impfempfehlung der STIKO in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes als medizinscher Standard anerkannt ist, da diese nach sorgfältiger Abwägung aller verfügbaren wissenschaftlichen Daten erfolgt.

 

Im Übrigen wurde die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf die Kindesmutter im entschiedenen Fall auch dem geäußerten, beachtlichen Willen der Kinder gerecht.

 

Interessant im Rahmen dieser Entscheidung ist neben der Wiederholung der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung, dass eine Entscheidung zur Gesundheitssorge gemäß § 1628 S. 1 BGB und damit die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Elternteil der sich an die STIKO-Vorgaben hält, auch dann notwendig ist, wenn es sich bereits um ein knapp 16-jähriges Kind handelt.

 

Nach § 630d BGB ist ein knapp 16-jähriges Kind bereits einwilligungsfähig für den medizinischen Eingriff im Verhältnis zu der ärztlichen Behandlungsperson/Impfperson. Diese Einwilligungsfähigkeit eines Jugendlichen betrifft jedoch lediglich die Einwilligungsfrage in die tatsächliche ärztliche Behandlung und nicht die rechtliche Vertragsbeziehungen des der Behandlung zugrunde liegenden Vertrages (Behandlungsvertrag) zwischen dem Minderjährigen bzw. den Eltern und dem handelnden bzw. impfenden Arzt. Daher ist auch bei beinahe 16-jährigen Kindern eine Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil vor Durchführung einer Impfung notwendig, wenn insofern Meinungsverschiedenheiten zwischen den gemeinsam sorgeberechtigten Elternteilen bestehen.

 

Das Brandenburgische Oberlandesgericht schließt sich den Entscheidungen des Oberlandesgericht Rostock, Frankfurt am Main und München an, die bereits ebenfalls die Entscheidungsbesfgnis demjenigen Elternteil übertragen hatten, der den Imfpempfehlungen der STIKO folgt.

 

Bei allen minderjährigen Kindern müssen beide sorgeberechtigten Elternteile zustimmen, auch wenn das Kind bereits das Jugendalter erreicht hat.

 

Gerne sind wir Ihnen bei der gerichtlichen Durchsetzung der Übertragung der Entscheidungskompetenz behilflich. Zögern Sie nicht sich mit uns in Verbindung zu setzen. Schreiben Sie uns einfach eine Email über kanzlei@heinicke-eggebrecht.de oder rufen Sie uns an unter +49(0)89 552261-0.

 

Zu den Hintergründen der Entscheidung dürfen wir auf die Blogbeiträge vom 28.04.2021 „Standardschutzimpfungen für Kinder durchsetzen“ (vgl. (https://www.heinicke-eggebrecht.com/standardschutzimpfungen-fuer-kinder-durchsetzen/) und vom 22.12.2021 zum Thema „COVID-19-Impfung bei Kindern durchsetzen“ (vgl. https://www.heinicke-eggebrecht.com/covid-19-impfung-bei-kindern-durchsetzen/ ) verweisen.