Entfernt sich ein Unfallbeteiligter vom Unfallort ohne sich als Unfallbeteiligter zu erkennen zu geben oder ohne seine Personalien preis zu geben und holt er dies nicht unmittelbar (z.B. bei der nächsten Polizeidienststelle) nach, macht er sich gem. § 142 StGB wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (Unfallflucht) strafbar.
Neben einer regelmäßig von den Strafgerichten bei Ersttätern verhängten Geldstrafe in Höhe von 50-60 Tagessätzen wird regelmäßig (da gesetzlich vorgeschrieben als Regenfall) eine Nebenstrafe in Form der Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB verhängt. Die Sperrfrist beträgt oft 6 bis 10 Monate. Während dieser Zeit darf kein Fahrzeug geführt werden, da sonst ein weiterer Straftatbestand des Führens ohne Fahrerlaubnis verwirklicht wird.
Was oft und vielleicht auch gerne von Strafgerichten übersehen wird, ist, dass das Gesetz für die Verhängung dieser Nebenstrafe auch ausdrückliche Ausnahme vorsieht. In § 69 Abs. 2 Nr. 3 heißt es (sinngemäß):
Begeht jemand Unfallflucht, „obwohl der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist“, so ist dem Täter die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift ist es für die Entziehung der Fahrerlaubnis also erforderlich, dass eine Tötung bzw. erhebliche Verletzung eines Menschen oder ein erheblicher Schaden am Fahrzeug vorliegt und der Täter davon positive Kenntnis hat.
Wann diese Voraussetzungen nicht vorliegen und deshalb keine Entziehung der Fahrerlaubnis verhängt werden darf, haben nun zwei Strafgerichte herausgearbeitet.
OLG Hamm Beschluss vom 05.04.2022 (Az:5RVs 31/22):
Das OLG Hamm setzte die Grenze für den bedeutenden Schaden gem. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB auf 1.500,- € fest, wobei es das Gericht nicht als eine starre Grenze, aber einen ungefähren Wert ansieht.
Das Gericht ließ einen weiten Spielraum (im konkreten Fall bis 1.800,- €) zu, verlangte dazu aber dann, dass das Gericht in den Urteilsgründen genau die Positionen der Reparaturrechnung oder des Kostenvoranschlages im Urteil wiedergeben muss, damit es für die nächste Instanz nachprüfbar bleibt.
Damit dürften insbesondere die vielen gängigen kleineren Parkplatz- oder Stadtverkehr-Rempler, welche in der Regel einen geringeren Schaden verursachen, endlich aus der Führerscheinproblematik rausfallen und nur noch bei größeren Schäden eine Entziehung der Fahrerlaubnis drohen.
Dies zumal hierfür die Einschätzung des Täters über die Höhe des Schadens wegen der erforderlichen Kenntnis hierüber eine entscheidende Rolle spielt.
Dies hat auch das AG Wuppertal im Beschluss vom 14.04.2022 (Az: 27 Gs 15/22) festgestellt:
Dort hat sich eine Oma nach einem Rempler an der Tankstelle kurzzeitig vom Unfallort entfernt, um ihren Enkel nach Hause zu bringen und kehrte dann nach einer halben Stunde an den Unfallort zurück und gab sich zu erkennen. Die Staatsanwaltschaft selbst schätze den verursachten Schaden auf 1.250,- €, entzog der Oma aber die Fahrerlaubnis vorläufig.
Das Amtsgericht Wuppertal stellte jedoch klar, dass weitere Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist, dass der Täter weiß oder wissen kann, dass an fremden Sachen ein bedeutender Schaden eingetreten ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend schon nicht gegeben. Denn die Staatsanwaltschaft selbst ging zunächst von einer unklaren Schadenshöhe und einem nicht zwingend bedeutenden Schaden aus. Die Beschuldigte hatte keine anderen Erkenntnisquellen zur Verfügung und musste demnach nicht von einem bedeutenden Schaden ausgehen.
Bei Unfallflucht ist also nicht immer der Führerschein fällig. Aber auch hier, wie immer in Strafsachen, kommt es darauf an, wie man sich gegenüber der Polizei einlässt. Das sollte man tunlichst einem Rechtsanwalt überlassen, damit Ihnen der Führerschein erhalten bleibt.
Also:
Keine Angaben zur Sache machen, Rechtsanwalt kontaktieren!
Ihr Ansprechpartner:
Rechtsanwalt René Simonides